20. Februar 1983

 

Die unvorhergesehene Weltreise!

 

Reparatur- und Garantiearbeiten auf dem Viehtransporter Corridale - Express, sowie die Reise um die halbe Welt!

Mein Arbeitskollege Jan Kroes und ich sind als Schlosser auf der Meyer Werft in Papenburg beschäftigt.

Wir wurden gegen Ende Dezember 1982 von unserem Vorgesetzten Karl Eichhorn angesprochen, ob wir bereit seien, für einige Wochen an Bord des Viehtransporters Corridale - Express Garantiearbeiten zu verrichten. Das Schiff war vor einiger Zeit auf der Meyer Werft zum Viehtransporter umgebaut worden.

Nach zwei Tagen Bedenkzeit stimmten wir zu und bekamen auch gleich erste Instruktionen, wohin die Reise gehen sollte und welche Aufgaben auf uns zu kommen würden.

Der Angestellte Werner Leffers würde uns begleiten, teilte uns Dockingenieur B. Appeldorn mit. Er könne außerdem fließend Englisch sprechen.

Wir könnten davon ausgehen, dass die Arbeit voraussichtlich 4 Wochen dauern würde.

Nachdem wir auf der Werft das notwendige Werkzeug, die verschiedensten Materialien und technischen Geräte für den Abtransport zusammengestellt hatten, bekamen wir Nachricht, dass das Schiff in Süd-Afrika vor Anker läge.

Unsere Pässe wurden überprüft und die Flugtickets bestellt.

Am Freitag, den 14. Januar 1983 sollte es dann losgehen. Pünktlich um 15,30 Uhr kam das Taxi zu mir nach Hause und holte mich ab.

 Wir fuhren zu meinen Kollegen Werner und Jan und dann ging es ab Oldenburg bei einer zügigen Autobahnfahrt zum Flughafen nach Bremen. Ankunft um 17.10 Uhr.

Mein erster Flug stand kurz bevor. Wegen Schneefall verzögerte sich er allerdings etwas, doch nach 15 Min. Wartezeit wurde nach Frankfurt gestartet.

Nach einem schwierigen Start mit einer Lufthansa Maschine legte sich die Anspannung bei mir während des Fluges und wir landeten wohlbehalten um 19.45 Uhr in Frankfurt.

Wir mussten dort sofort umsteigen, damit wir die Swiss - Air Maschine nach Basel noch rechtzeitig bekamen. Alles sollte sehr schnell gehen.

Werner Leffers, der sich auf Flughäfen auskennt, mahnte uns zu dieser Eile. Landung in Basel um 20.30 Uhr und Weiterflug nach Genf um 21.24 Uhr. Ankunft in Genf um 22.30 Uhr. Dann umsteigen in eine Swiss - Air 282. Weiterflug nach Nairobi in Kenia um 23.10 Uhr. Ankunft in Nairobi um 08.40 Uhr am nächsten Morgen.

Nach 35 min. Auftankzeit Weiterflug nach Johannisburg in Süd-Afrika.

Dort kamen wir gegen 12.30 Uhr an.

Der Aufenthalt in Johannisburg dauerte 4,5 Stunden.

Es gab beim Zoll einige Probleme, doch Werner hat das gut hinbekommen. Jan und ich verstanden nur Bahnhof.

Nachdem alle Probleme beseitigt waren, flogen wir um 17.10 Uhr weiter nach Durban mit einem Jumbo der Süd - African Air.

Hierbei gerieten wir in ein Schlechtwetter Gebiet. Während des Landemanövers zuckten heftige Blitze vom Himmel.

Manchmal hatte ich das Gefühl, als wenn das Flugzeug nach unten durchsackte. Wir landeten um 18.45 Uhr in Durban auf dem Flughafen. Trotzdem hätte ich mir gewünscht, wir wären diese letzte Strecke mit dem PKW gefahren, alleine schon wegen der beeindruckenden Landschaft mit seiner großen Tierwelt.

Am Flughafen wurden wir von einem Agenten abgeholt und mit einem Taxi zum Royal Hotel gebracht.

Zum ersten Mal bekam ich mit, dass man auch bei Linksverkehr schnell und trotzdem Unfallfrei fahren kann.

Der Agent teilte uns mit, dass wir nur kurz ausruhen könnten, weil der Kümo, der uns zum Schiff bringen sollte, gegen 02.00 Uhr ablegen müsse.

Mein Zimmer befand sich im 16. Stock des Hotels.

Um 20.30 trafen wir uns im Restaurant und haben zu Abend gegessen.

Dieses Hotel war Superklasse.

Nach insgesamt 28 Stunden ohne Schlaf sind wir gegen 22.30 Uhr auf unsere Zimmer gegangen und in die Betten gefallen.

Am Sonntagmorgen um 02.00 Uhr wurden wir vom Portier geweckt.

Der Agent ließ sich aber erst um 03.30 Uhr sehen. Wir waren inzwischen schon ungeduldig geworden.

Er brachte uns mit seinem PKW sofort zum Hafen.

Gegen 04.00 Uhr kamen wir dort an.

Starker Wind blies uns ins Gesicht.

Der Schlepper wurde von den Hafenarbeitern mit den Materialien, die von der Meyer Werft aus Papenburg hier angekommen waren, beladen.

Um 05.45 Uhr konnten wir an Bord zusteigen und die Fahrt zum Viehtransporter, das mehrere Meilen hinter dem  Außenhafen vor Anker lag, begann. Wir fuhren ins offene Meer hinaus.

Hohe Wellen rollten uns entgegen. Der Schlepper tanzte auf und ab.

Ich hatte den Eindruck, dass es mitunter 5 oder sogar 6 Meter auf und nieder ging. Je weiter wir ins offene Wasser fuhren, desto höher wurden die Wellen.

Ich habe mich krampfhaft am Fensterrahmen im Führerhaus festgehalten, während der Steuermann wie gelangweilt auf seinem Stuhl saß und mit den Füßen das Rad steuerte.

Meine Fingerkuppen waren inzwischen  Schneeweiß geworden.

Nach cirka 02.00 Stunden und für mich sehr anstrengenden Fahrt hatten wir unser Ziel erreicht, wir konnten am Viehtransporter festmachen.

Mir war, als hätte ich einen dicken Klumpen im Magen.

Mittels Strickleiter überbrückten wir den Höhenunterschied der Schiffe. Meine Angst herunter zu fallen war groß, weil mir inzwischen die Hände schmerzten vom krampfhaften Greifen nach einem Halt auf dem Schlepper und ich trug außerdem meinen Koffer mit nach oben.

Endlich an Bord von Corridale - Express glücklich angekommen, wurden wir mit einem lauten "Hello" begrüßt.

Meine ersten Worte waren, wie ich am schnellsten zu einer Toilette gelangen könnte. Ein Matrose zeigte mir den Weg.

Mir war so schlecht und trotzdem konnte ich nicht brechen.

Gerade noch schnell genug drehte ich mich um und habe somit schlimmeres verhindert.

Das Kribbeln in den Händen hatte ich aber immer noch.

Ich wurde anschließend von einem Matrosen auf meine Kabine gebracht. Der Kapitän erkundigte sich nach meinem Befinden. Er meinte, ich müsste Salztabletten einnehmen, wegen der hohen Luftfeuchtigkeit und reichte mir zwei Tabletten, die ich einnehmen solle und meinte , ich könne jetzt am Besten erst einmal ein paar Std. ausruhen, was ich dann auch gemacht habe.

Gegen Abend ging es mir auch schon viel besser, so dass ich auch wieder etwas essen konnte.

Später haben Jan, Werner und ich zusammen mit dem Kapitän und seinem Steuermann, sowie dem Schief über Gott und die Welt diskutiert und anschließend noch geknobelt.

Jan und ich konnten uns sehr gut mit den Männern unterhalten, weil die Führungscrew des Schiffes ausschließlich Holländer waren.

Manchmal klappte die Kommunikation sogar auf Plattdeutsch.

Gegen 23.30 Uhr sind wir dann schlafen gegangen.

Am Montagmorgen wurden wir um 05.45 Uhr vom Kapitän über Telefon geweckt. Um 06.00 Uhr begann die Arbeit. Das wiederholte sich jeden folgenden Morgen.

Uns wurde mitgeteilt, dass das Frühstück gegen 08.00 Uhr fertig sei, Mittagessen um 13.00 Uhr und um 19.00 Uhr Abendbrot gebe.

Diese Zeiten würden genau eingehalten, teilte uns der Schmuitje mit.

Das Schiff ist nach einer kurzen Fahrt raus ins offene Meer (Indischer Ozean) wieder vor Anker gegangen.

Wir haben bis 19.00 Uhr gearbeitet und sind um 24.00 Uhr in die Koje gegangen.

Die Abläufe der einzelnen Tage wiederholten sich meistens.

Aufstehen um 5.45 Uhr, Kaffee trinken, Arbeit, um 08.00 Uhr Frühstück, Arbeit, Mittagessen, Pause, 14.30 Kaffee, Arbeit, 19.00 Abendbrot, Feierabend. So war es auch am Dienstag, den 18.01.1983.

Während der ersten Tage waren wir häufig mit Reparatur- und Änderungsarbeiten an den Rampen und Treppen beschäftigt, damit beim Be- und Entladen die Schafe und Kühe ohne große Mühe zu und aus den Stallungen gebracht werden konnten. Das Material war aus Aluminium.

Auf Gründlichkeit bei dieser Arbeit wurde besonders viel Wert gelegt, weil diese Bereiche als Knotenpunkte an Bord des Schiffes angesehen wurden. Wir hatten extra ein Schweißgerät für Aluminium Stabelektroden mitgebracht. Das hieß, dass immer ein Umformer mitgeschleppt werden musste. Diese Arbeit wurde mir übertragen.

Probleme bei dieser Beschäftigung tauchten immer dann auf, wenn die Besatzung Reinigungsarbeiten verrichtete.  Hierzu wurden dicke Wasserschläuche eingesetzt und die einzelnen Boxen saubergespritzt. 

Ich konnte nicht schweißen, wenn das Aluminium feucht war.

Gegen Abend haben wir noch ein paar Fotos geschossen.

Das Wetter war gut, bis zu 28 ° im Schatten.

Am Mittwoch waren wir gegen 20.00 Uhr auf der Brücke und haben versucht, nach Papenburg zu telefonieren. Um 20.30 Uhr bekam der Kapitän endlich Anschluss, so das Werner mit seiner Frau sprechen konnte. Die Verständigung war sehr gut.

Frau Leffers versprach, auch unsere Frauen über den bisherigen Verlauf der Reise zu informieren. Im Anschluss haben wir drei noch eine Runde Skat gespielt.

Am Horizont konnten wir die Lichter der Stadt Durban leuchten sehen.

Für mich sah das sehr beeindruckend.

Am nächsten Morgen lag das Schiff immer noch vor Anker und wir arbeiteten unseren Törn herunter. Nach der Mittagspause versuchten der 1. Offizier und einige Männer aus der Crew vorne auf der Back über die Reeling Fische zu fangen. Wir schauten ihnen dabei zu.

Plötzlich bemerkten wir im Wasser einen riesengroßen Hai ein paar Meter unter Wasser ganz langsam vorbei schwimmen.

Jan und ich waren richtig erschrocken. Der Besatzung gelang es, einige Fische zu fangen. Beim Abendessen lagen sie auf dem Tisch und schmeckten vorzüglich.

Nach ein paar Runden Skat und Vorführen von einigen Kartentricks war der Abend gelaufen und wir sind in die Koje gefallen. An diesem Tag war es bis zu 36 ° warm, so dass ich meine Ration an Salztabletten weiterhin zu mir nehmen musste.

In Gedanken bei meiner Familie bin ich erst sehr spät eingeschlafen.

Am Freitagmorgen sagte der Kapitän beim Frühstück, dass heute das Postschiff kommen würde. Wir haben uns dann spontan Postkarten besorgt und Grüße an unsere Lieben formuliert.

Gegen 11.00 Uhr telefonierte Werner mit der Werft in Papenburg.

Von der Werft sind unsere Frauen zu Hause informiert worden.

An diesem Tag haben wir schon um 18.00 Uhr Feierabend gemacht. Später ist ein kräftiges Gewitter mit viel Regen herunter gekommen.

Gegen 21.00 Uhr versuchten wir zusammen mit dem Schief einen Angriff auf immer noch vor dem Schiff schwimmende Haie. Wir nahmen eine Forelle als Köder. Doch das klappte nicht. Die Haie beschnupperten den Köder und drehten sich wieder ab.

Ich bin an diesem Abend sehr früh schlafen gegangen.

Das Schiff lag immer noch vor Anker.

Am Samstagmorgen teilte uns der Kapitän beim Frühstück mit, dass er Order von der Reederei bekommen hätte, nach Perth in Australien zu fahren und Schafe an Bord zu nehmen.

Die Überfahrt würde 12 Tage dauern.

Jan und ich waren vorne auf Back bei den Futterschnecken beschäftigt. Heute war es sehr windig, so zwischen 6 & 7 Windstärken.

Riesige Dünungen brachten das Schiff in starke Schwankungen.

Zu diesem Zeitpunkt waren meine Gedanken bei der anstehenden Überfahrt nach Australien.

Jan bekam am Nachmittag eine starke Schwellung am Knöchel, die ihm schmerzte. Am Abend noch ein paar Runden Skat, dann war Feierabend. Am Sonntag, dem 23.Januar 1983 war Ruhetag. Wir sind auch erst um 09.15 Uhr aufgestanden.

Die Fahrt nach Australien hatte in der Nacht begonnen.

Mit ca. 13 Knoten Geschwindigkeit über den Indischen Ozean.

Der 1. Offizier teilte mit, dass die Fahrt eventuell doch noch nach Montevideo umgeleitet wird.Die See war nun sehr glatt.

Trotzdem schwankte das Schiff während der Fahrt hin und her.

Doch mir machte der Seegang nun nichts mehr aus.

Werner hat an diesem Nachmittag noch im Schwimmingpool auf dem Oberdeck gebadet.

Jan ging ziemlich früh ins Bett, ihm war schlecht geworden.

Jeden Tag mussten wir unsere Uhren wegen der laufend veränderten Zeit umstellen.

Am Montagmorgen fingen Jan und ich an, die Schieber für die Futterschneckenanlage einzubauen.

Die Arbeit erforderte höchste Konzentration, denn es war noch sehr viel Futter im Siloraum, ca. 10 to. an Backbordseite und 5 to. an Steuerbordseite.

Zuerst mussten die Öffnungen frei geschaufelt werden.

Unsere Kleidung wurde stark verschmutzt. Wir sahen aus wie echte Müller. Bei den anstehenden Schweiß- und Brennarbeiten war höchste Vorsicht angesagt wegen der Feuergefahr und Explosionsgefahr.

Staubexplosionen hat es schon öfter mal gegeben. 

Aber alles ist gut gegangen.

Heute könnte meine Karte zu Hause angekommen sein.

Wir sind inzwischen 3 Std. vor deutscher Zeit. Temperatur 30 ° und Windstill.

Diese Arbeit wurde am nächsten Morgen fortgesetzt.

Beim Mittagessen sagte Frau Dirks, dass sie drei große Wale gesichtet hätte. Nach der Mittagspause habe ich lange über den Ozean geblickt, doch außer ein paar Albatrosse, die schon seit Durban mit langsamen, aber effektiven Flügelschlägen hinterher segeln, und zwei fliegende Fische habe ich nichts gesehen.

Gegen Abend kam Jan zu mir und erzählte von einem wunderschönen und knallroten  Horizont.  Ich ging sofort mit ihm an Deck.

Was ich dann zu sehen bekam, war sehr beeindruckend.

Zuerst dachte ich, die Erde würde brennen, so rot strahlte es am Horizont. Ich habe noch sehr lange hingesehen und ein paar Fotos gemacht. 

Einfach toll.

Außerdem glaubte ich, dass das Wasser hier sehr tief sein würde, weil es aussah wie dunkelblaue Tinte. Das Wetter war weiterhin sehr schön. 30 ° und kein Wind.

Noch lange war ich in Gedanken in der Heimat bei meiner Familie, während das Schiff bei ruhiger Fahrt rhythmisch hin und her schaukelte.

Am nächsten Tag war wieder viel Arbeit angesagt, Jan und Werner schweißten auf dem Oberdeck neues Geländer auf, während ich auf dem Zwischendeck bei den Rampen beschäftigt war. Diese Aufgabe würde mich sicherlich noch einige Tage beschäftigen.

Die Besatzung schaute sich am Abend einen Film an, während wir Skat gespielt haben.

In meiner Kabine überkam mir dann doch große Heimweh.

Daraufhin habe ich ein Buch genommen und habe gelesen.

Ich bin danach wohl irgendwann eingeschlafen.

Am nächsten Morgen klagte Jan über starke Zahnschmerzen.

Ihm wurde geraten, für ein paar Stunden ins Bett zu gehen.

Gegen 15.00 Uhr tauchte er mit einer dick geschwollenen Backe wieder auf.

Das sah aus, wie die einseitig gefüllte Wangentasche eines Hamsters. Gegen Abend mussten wir unsere Pässe abgeben, wegen der Zollpapiere. Außerdem sollten wir aufschreiben, was wir an Wertsachen besaßen und bei uns hatten.

Inzwischen verfolgten ca. 100 Sturmvögel, sowie drei Albatrosse das Schiff. Allmählich kann ich es kaum noch erwarten, wieder zu Hause bei meinen Lieben zu sein. Der Kapitän teilte uns mit, dass wir nun genau die Hälfte der Strecke geschafft hätten.

Werner wurde gratuliert, er hatte heute seinen 11. Hochzeitstag.

Er spendierte zum Mittagessen einen sehr guten Wein und schickte am Abend ein Telegramm nach Papenburg.

Auf der Brücke haben wir unter anderem erfahren, wie gemorst wird.

Der Kapitän nahm sich die Zeit, uns die Funktionen der technischen Geräte zu erklären.

Er bemerkte, dass es der Besatzung schwer fallen würde, ohne die Unterstützung der Geräte für ein gutes Navigieren auf See klar zu kommen. Mit ein bisschen Knobeln haben wir uns die Zeit des restlichen Abends vertrieben. Nur Jan war wegen seiner geschwollenen Backe früher auf seine Kabine gegangen.

An diesem Abend haben wir ausnahmsweise ein paar Bier mehr getrunken als die Abende vorher.

Gegen 23.00 Uhr war  ich auf meine Kabine und bin dann wohl auch gleich eingeschlafen.

Am Samstag, den 29.01.1983 sahen wir um 08.00 Uhr plötzlich Land und waren sofort begeistert. Doch das, was wir dort sahen, war eine Insel und heißt St. Paul. In einiger Entfernung war noch eine Insel mit dem Namen St. Amsterdam. Bis auf 500 Meter fuhren an die Insel Sankt Paul heran.

Ich konnte die Umgebung relativ deutlich erkennen.

Es waren keine Bäume zu erkennen. Schroffe Felsen ragten ungefähr 100 m steil aus dem Ozean. Ich schätzte die Insel auf ungefähr 30 km² Größe.    Während der Mittagszeit gab es auf einmal Feueralarm.

Ich habe mich sehr erschrocken, weil ich doch Nichtschwimmer bin.

Doch es war zum Glück nur Probealarm.

Am nächsten Tag war Sonntag und wir hatten frei.

Alle drei haben wir ein bisschen Schlaf nachgeholt.

Eigentlich war es ein langweiliger Tag ohne irgendeine Abwechslung. Außer ein paar Bilder knipsen haben wir auch nichts unternommen.             Am Montagmorgen kam Jan mit einer guten Nachricht.

Er hatte keine Zahnschmerzen mehr.

Der 1. Offizier machte mit uns einen Rundgang an Bord.

Er zeigte uns, was er noch gerne von uns erledigt haben möchte.

Ich würde heute mit den Rampen fertig werden.

Außerdem waren meine Schweißdrähte aufgebraucht.

Die Besatzung hatte eine Wick Schweißmaschine an Bord, doch damit hatte keiner von uns Erfahrung. Das hieß, dass wir erst einmal üben mussten. Acht große Übergänge sollten noch angefertigt werden.

Wegen dem großen Zinkgehalt in den Rohren bekam ich am Abend heftige Magenschmerzen und bin früh schlafen gegangen.

Der Kapitän und der 1. Offizier gingen am nächsten Morgen noch einmal einzelne Punkte mit uns durch. Für kleine Pausen war keine Zeit mehr.

Wir haben fleißig gearbeitet und waren am späten Nachmittag hundemüde. Beim Essen teilte der Kapitän uns mit, dass wir den Hafen Albany anlaufen würden. Sehr früh abends lagen wir in der Falle. 

Werner und ich bekamen mit, dass es im Mannschaftsraum eine Tischtennisplatte geben würde. Wir verabredeten, am nächsten Tag ein Match zu riskieren.

Inzwischen waren wir 6 Stunden vor deutscher Zeit.

Am nächsten Morgen, es war Mittwoch, der 02.02.1983 wachte ich vom starken Kränken des Schiffes auf. Mir war, als würden die Gardinen in meiner Kabine sich bis zu 40 cm von der Wand bewegen und wieder heran gedrückt werden. Trotzdem, es war gutes Wetter, also lag es wohl daran, dass große Dünungen das Schiff stark beeinflussten.

Auch an diesem Tag war wieder fleißiges Arbeiten angesagt. Leitpforten mussten noch geändert und verschweißt werden.

 Werner bekam am Abend eine Zinkvergiftung, auch Jan und mir hat es etwas später erwischt.

Am Abend wurden wir eingeladen, einen Film zusammen mit der Crew anzusehen. In dem Film ging es um Tätowierungen, sowie um verworrene Beziehungen. Nach der Hälfte des Films sind Jan und ich auf unsere Kabinen gegangen. Wir konnten ja sowieso nichts verstehen.

20 Tage sind wir nun schon von zu Hause weg.

Gut eine Woche wird es wohl noch dauern, glaubten wir.

Gegen 22.30 Uhr bin ich dann ganz in Gedanken bei meiner Familie, eingeschlafen.

Donnerstag, den 03.02.1983, es ist wieder ein sehr warmer Tag.

Wir stecken auf dem Zwischendeck bei den Leitpforten mitten im Getümmel und müssen zusehen, dass wir voran kommen.

Werner hat sich später mit der Werft in Verbindung gesetzt.

Am Abend  wurde dann intensiv Tischtennis gespielt.

Manchmal war es nicht möglich, den Ball zu treffen, weil sich das Schiff so stark bewegte. Das Spielen machte uns beiden aber riesigen Spaß. 

Der Elektriker von der Besatzung war ein sehr guter Spieler. Gegen ihn hatten wir keine Chance.  Ich war klatschnass nach dem Spiel und eine Extradusche war fällig.

Anschließend lud der 1. Offizier uns zum Bier ein.

Es wurde noch recht spät an diesem Abend.

Der nächste Morgen hieß für uns, zum Endspurt blasen, weil wir wollten unbedingt mit der Arbeit fertig werden. Nach der Mittagszeit um genau 14.30 Uhr sah ich nach vielen Tagen Land vor uns und die ersten kleineren Inseln ragten aus dem Wasser.

Das Schiff, die Corridale - Express wurde um 17.00 Uhr cirka 12 Meilen von Esperance entfernt  vor Anker gelegt.

Kurz darauf kam auch schon der Zoll an Bord.

Jan und ich haben bis 21.30 Uhr gearbeitet.

Dann waren all unsere Aufgaben fertiggestellt. Nach dem Duschen trafen wir uns auf dem Achterdeck und haben die Matrosen beim Angeln zugeschaut. Die gefangenen Fische wurden gleich gegrillt und gegessen. Wir beide wurden gesichtet und sofort zu diesem Mahl eingeladen.

Bei Bier und Whisky schmeckten die Fische vorzüglich.

Jan, Werner und ich verabredeten, am nächsten Morgen der Stadt Esperence einen Besuch abzustatten.

Samstag, den 05.02.1983  Heute war nach 20 arbeitsreichen und anstrengenden Tagen Landgang angesagt.

Die Hälfte der Besatzung, der 1. Offizier mit seiner Frau und der 3. Offizier sind mit uns dreien zusammen in einem Rettungsboot, der von einem David an Steuerbord - Seite vom Schiff herunter gelassen wurde, zur Küste gefahren. Zusammen mit Frau und Herrn Dirks, sowie dem 3. Offizier spazierten wir durch die Stadt.

Eine noch recht junge Stadt mit ca. 8000 Einwohnern.

Wir sind dann mit einem Taxi zum Strand gebracht worden und haben sofort gebadet. Jan und ich waren die ersten im Wasser.

Hohe Brandungswellen schlugen uns entgegen.

Ohne Bedenken rannten wir weiter in die stetig tiefer werdenden Fluten. Einhundert Meter war ich bestimmt schon vom Strand entfernt, als ich wie angewurzelt stehen blieb. Mein Gesicht verfärbte sich und wurde kreideweiß vor Schreck, denn nicht weit vor mir erkannte ich riesige Rückenflossen von großen Fischen.

Sofort schrie ich Jan zu, der schon viel weiter vor mir war, er solle auch stehen bleiben, was er auch tat. Mit ausgestreckten Armen deutete ich Jan auf die Gefahr hin. Wir waren entsetzt. Ohne noch einmal zu überlegen sind wir so schnell wir konnten, zum rettenden Strand zurück gerannt.

In meinem Kopf spielte nur noch ein  Gedanke eine Rolle, nämlich so schnell die Füße tragen konnten, weg von hier, damit wir nicht von den Haien zerfleischt werden konnten.

Nachdem mir das gelungen war und die Panik langsam nachließ, sah ich am Strand, wie sich Herr und Frau Dirks köstlich amüsierten.

Auch Werner konnte sich ein mitleidiges Lächeln nicht verkneifen. Inzwischen war auch Jan wohlbehalten, aber außer Puste am Strand angekommen.

Seht ihr nicht, was da fast mit uns passiert wäre, fragte Jan atemlos.

Macht euch bloß nicht in die Hosen, das sind keine Haie, das sind ganz normale Delphine, die dort ihre Späße treiben, sagte Herr Dirks und grinste vergnügt.  Mir fiel ein Stein vom Herzen.

Überhaupt, ich war beeindruckt von diesem Strand, von dieser Gegend. Eine wunderschöne Bucht, viele große und Tonnenschwere, vom Wasser ausgehöhlte Findlinge ragten aus dem Wasser, oder lagen wildverstreut an der Küste in den höheren Bereichen des Strandes.

Kilometerweit konnte man am Strand entlang spazieren gehen und kein Mensch war hier zu erkennen, einfach traumhaft.

Am Nachmittag holte uns das Taxi wieder ab.

Wir fuhren zum Hotel und versuchten zu Hause anzurufen.

Jan und Werner ist das auch gelungen, bei mir war andauernd besetzt.      Später spazierten wir noch ein paar Stunden in der Stadt umher.

Dort begegneten wir auch einzelne Ureinwohner dieses Landes.

Sie nahmen überhaupt keine Notiz von uns.

Ich habe sie ein bisschen bedauert, weil sie so zerlumpt aussahen.

Ich merkte erste Auswirkungen eines Sonnenbrandes auf meinem Rücken. Wir sind später dann mit dem Rettungsboot zurück zum Schiff.

Der Kapitän versuchte im Steuerhaus, für mich eine Verbindung nach Hause in Völlen herzustellen, bekam aber keine Verbindung.

Die Besatzung war wieder bei ihrer Lieblingsbeschäftigung.

Beim Verspeisen der Köstlichkeiten spendierten wir drei diesmal die Getränke. Es wurden einige Seemannslieder gesungen oder gegrölt.       Ein richtig heißer Tag, es waren über Mittag mehr als 39 ° gemessen worden, ging zu Ende.

Wieder war am Horizont ein imposanter Sonnenuntergang zu bewundern.    Jan erzählte mir, dass seine Frau am Telefon von einem schweren Sturm über Papenburg gesprochen hätte. Hoffentlich blieben alle Ziegel auf den Dächern.

Der nächste Morgen, es war Sonntag, begann wie der Gestrige.

Mit dem  Boot rüber zur Stadt. Herr und Frau Dirks, sowie Jan, Werner und ich sind wieder mit dem Taxi zum Strand gefahren und haben ausgiebig gebadet. Die Delphine waren diesmal nicht zu sehen.

Danach wurde das Seemannsheim angesteuert.

Ich wollte unbedingt zu Hause anrufen. Doch das Heim war nicht besetzt. Herr Dirks und ich haben dann versucht, vom Hotel aus zu telefonieren.

Das klappte dann auch, endlich. Ich teilte meiner Erika mit, dass wir wohl am Dienstag in Deutschland ankommen würden.

Mir ging es nach diesem Anruf auf einmal viel besser.

Zu Hause ging es meiner Familie einigermaßen gut, nur Heike hätte Grippe gehabt.

Mein Sonnenbrand machte sich immer mehr bemerkbar.

Sogar meine Zehen waren gerötet.

Herr Dirks und Werner gingen auf den Fischmarkt und haben Hummer gekauft. Dann fuhren wir mit dem Taxi zurück zum Boot, wo die anderen schon auf uns warteten.

Der Kapitän steuerte das Boot und fuhr uns zum Schiff.

In meiner Kabine bin ich sehr lange unter der Dusche gewesen und habe das eiskalte Wasser an mir herunter rieseln lassen.

Um 20.00 Uhr lag der Hummer fertig angerichtet in der Offiziersmesse auf dem Tisch. Das sah einfach herrlich aus.

Für jeden lag ein ganzer Hummer bereit zum Verzehr.

Das Festessen wurde zuvor aber noch dokumentiert.

Dann begann das große "Fressen". Geschmeckt hat es mir sehr gut, kann ich nur sagen. Leider konnte ich den Koloss nicht ganz verputzen, es war einfach zu viel für mich. Insgesamt dauerte das fürstliche Mahl mehr als 2,5 Stunden. An Bord waren zu dieser späten Stunde immer noch bis zu 35 °.     In meiner Kabine war ich gegen Mitternacht und habe noch die Koffer gepackt. Wir wussten noch nicht genau, wie spät am Montag das Flugzeug startet. Ich war richtig froh, endlich wieder nach Hause zu kommen.                Am Montagmorgen teilte uns der Kapitän mit, dass wir um 16.00 Uhr mit dem Boot ans Ufer gebracht würden.

Noch einmal haben wir drei überprüft, ob wir auch nichts vergessen hatten. Die Koffer standen nun abholbereit in den Gängen.

Beim Abschiednehmen hatten wir schlechtes Wetter, es regnete.

Wir zogen uns Regenkleidung an und stiegen ins Boot.

Vom Ehepaar Dirks sowie vom Kapitän haben wir uns extra verabschiedet. Während der Fahrt schlugen die Wellen  gegen das Boot und es spritzte manchmal eine Gischt hinein. Wir wurden klatschnass.

Als wir an Land waren, wartete schon der Agent auf uns.

Wir sind mit einem Buli zum Flughafen gebracht worden, was cirka 20 Meilen von Esperence entfernt war.

Nach fast zwei Stunden unruhigem  Flug mit einem 12 Plätze fassenden einmotorigen Flugzeug landeten wir in Perth.

Es war richtig laut gewesen im Flugzeug, ich glaube, das kam auch davon, weil wir direkt über dem Motor sitzen mussten.

In Perth wurden wir mit einem Buli zu einem Motel gebracht, wo wir übernachteten.

Am nächsten Morgen haben wir uns die Hauptstadt von Westaustralien ein bisschen angesehen. Eine riesige und sehr gepflegte Stadt, die mir sehr gut gefiel.

Danach hieß es wieder Koffer packen.

Wir sind dann gegen Mittag mit einem Taxi zum Flughafen gefahren.

Der Start für den Flug mit einer Singapure Air - Line nach Singapure war für 14.30 Uhr vorgesehen. Der Flug dauerte fünf Stunden und hat mir nichts ausgemacht. Das einzige, wo ich nicht mit klarkam und was mir bei jedem Flug passierte, war meine hysterische Angst beim Starten.

Wenn das Flugzeug nach dem Ansteigen dann  in einer Höhe dahin flog, war ich wieder ruhig und ausgeglichen.

In Singapure hatten wir drei Stunden Aufenthalt und sind im Flughafen einkaufen gegangen. Ein paar Bilder für die Erinnerung wurden auch geknipst.

Um 19.40 Uhr hoben wir mit einer Lufthansa Boeing ab für den Flug nach Bombay in Indien. Ein Schlechtwettergebiet machte uns nicht allzu große Probleme. Auch dieser Flug dauerte fünf Stunden.

Nach einem kurzen Aufenthalt mit Auftanken wurde wieder gestartet in Richtung Frankfurt.

Wir kamen am Mittwochmorgen gegen 07.00 Uhr in Frankfurt an.

Nach einer Stunde hatten wir den Flug nach Bremen gebucht und sind um 09.20 Uhr gestartet. Wir landeten gegen 10.00 Uhr und in mir stieg das befreiende Gefühl auf, endlich in Sicherheit zu sein.

Jetzt nur noch durch den Zoll, schnell in das bestellte Taxi steigen und dann Richtung Heimat. Mir war in diesem Moment nichts anderes wichtig.

Auf dem Weg zum Taxi schneite es und kalt war es auch.

Plötzlich wurde mir bewusst, das es ja Winter ist.

Der Taxifahrer berichtete uns, dass bei dem Sturm vor einer Woche eine Frau direkt vor dem Krankenhaus in Papenburg von einem umstürzenden Baum erschlagen worden ist. Sie hätte gerade aus ihrem Auto aussteigen wollen, als es passierte.

Später erfuhren wir, dass die Verunglückte die Ehefrau eines Arbeitskollegen bei der Meyer Werft war.

Mit einem Schlag waren meine Gedanken in eine völlig andere Richtung gelenkt und mein Wunsch, endlich nach Hause zu kommen, richtig spürbar. Zuerst stiegen Jan und dann Werner bei ihren Häusern aus und wurden von ihren Familien begeistert begrüßt und empfangen.

Endlich erreichte der Wagen die Seeadlerstraße in Völlen und ich erkannte Erika, Heike und Holger, die trotz Schneefall vor der Eingangstür standen und lachten. 26 anstrengende, aber auch aufregende und schöne Tage waren zu Ende.

Heike und Holger rannten mir entgegen und ich konnte ein paar Tränen der Freude nicht unterdrücken.

Glücklich nahm ich dann alle drei in die Arme und wir gingen, von schönen Gefühlen überwältigt, ins Haus.